gendern bei eLearnings

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gotti
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gendern bei eLearnings

Beitrag von gotti »

Wie haltet ihr das mit dem Gendern? Tut ihrs? Wenn ja: Wie? Wenn nein: Warum nicht?
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Mr. E-Learning
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Re: gendern bei eLearnings

Beitrag von Mr. E-Learning »

Hallo Gotti,
ich beuge mich dem allgemeinen Brauch. Ich glaube nicht, dass sich durch Gendern das Verhalten ändert; aber zumindest regt es (so hoffe ich) zum Nachdenken an. Traurig, das dass immer noch sein muss. Hier die Formulierung, die ich verwende:

Anmerkung: Um die Lesbarkeit zu erleichtern, die Verständlichkeit zu verbessern, habe ich auf die geschlechtsspezifische Differenzierung - zum Beispiel "Mitarbeiter*Innen" - verzichtet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter.

Was ich zu dem Thema im Internet gefunden habe (von der Sprachwissenschaftlichen Seite betrachtet):
Letzte Fassung (September 2010):
Sprachfeminismus in der Sackgasse
Erschienen in "Deutsche Sprachwelt", Ausgabe 36, Sommer 2009, D - 91004 Erlangen

Frühere Titel:

Sprachzerstörung aus Konzilianz – die Umkehr ist fällig
Wider die Abschaffung des allgemeinen Menschen in der deutschen Sprache
Alibi-Feminismus - kein Gewinn für die Frauen



Das Phänomen

Zahlreiche Redaktoren, Autoren von Sachtexten, Gesetzgeber und Werbetexter haben sich angewöhnt, menschliche Funktionsträger stets doppelt zu erwähnen, und so liest und – soweit es auszusprechen ist – hört man denn allenthalben von Athleten und Athletinnen, EidgenossInnen, Arzt/Ärztinnen und Bürger/innen. In diesen Sprachgebräuchen widerspiegelt sich einerseits die konziliante Haltung der Schreiber gegenüber dem Gleichstellungsanliegen der Frauen; andererseits aber wird dadurch so schwerwiegend in die Sprache eingegriffen, dass die Lektüre nicht bloss ermüdend wirkt, sondern das laute Lesen teilweise sogar unmöglich wird und der Inhalt kaum mehr verständlich ist. Ein Beispiel aus einem Protokoll des Basler Gesundheitsdepartements möge dies belegen:

"Bereits die mildeste und häufigste Form der Trennung einer ‘Rolle des Verantwortungstragens’ (Arzt/Ärztin) von einer ‘Rolle des sich-Anvertrauens und sich-Unterordnens’ (Patient/in) reduziert die Eigenverantwortlichkeit, mit der der/die Patient/in Entscheidungen in Bezug auf seine/ihre Gesundheit trifft. Damit wird der/die ‘beratende Arzt/Ärztin’ zum/zur ‘entscheidenden Arzt/Ärztin’. In bestimmten Situationen haben Patient/in und Arzt/Ärztin natürlich keine andere Wahl (zum Beispiel bei einer Notfallbehandlung eines Bewusstlosen). Doch bereits die Entscheidung, ob ein vom Arzt/Ärztin empfohlener Wahleingriff durchgeführt werden soll, will der/die mündige Patient/in in Eigenverantwortlichkeit selbst treffen. Demgegenüber nimmt der/die unmündige Patient/in seine/ihre Eigenverantwortlichkeit nicht wahr, ohne dass er/sie durch zwingende Gründe daran gehindert würde."

Es ist kaum anzunehmen, dass jemand mit besonderer Freude solcherart geschriebene Bücher lesen möchte. Angesichts dieses Resultates verwundert es denn auch nicht, wenn zunehmend auch Frauen die neuen Sprachgebräuche als lästig, ja sogar als lächerlich empfinden und keinen echten Gewinn darin zu sehen vermögen, beim Lesen immer wieder die Banalität bestätigt zu bekommen, dass dem Schreiber die Zweigeschlechtlichkeit des Menschen bewusst war. Meist macht sich die Verärgerung in sarkastischen Leserbriefen oder Glossen Luft. Dies ist aber der Tragweite des Problems nicht angemessen, weshalb hier eine sachliche, auf sprachwissenschaftlichen Überlegungen fussende Analyse vorgelegt werden soll.

Der Irrtum

Das oben zitierte Beispiel ist – neben vielen ähnlich aussehenden Textpassagen – ein deutlicher Hinweis darauf, dass da irgend etwas nicht stimmen kann. Tatsächlich beruht die Forderung nach einer konsequenten Doppelnennung menschlicher Funktionsträger auf einem fundamentalen sprachwissenschaftlichen Irrtum. Die Fehlüberlegung besteht in der Gleichsetzung von biologischer Geschlechtlichkeit und grammatikalischem Genus. Diese Gleichsetzung ist aber unstatthaft, denn es gibt ja drei Genera (Maskulinum, Femininum, Neutrum) aber bloss zwei Geschlechter. Auch wird allem Ungeschlechtlichen (der Ofen, die Wolke, das Fass) ein Genus beigeordnet, was wiederum zeigt, dass biologisches Geschlecht und grammatikalisches Genus keinesfalls gleichgesetzt werden dürfen.

Das Genus wird aber nicht bloss geschlechtlich oder ungeschlechtlich, sondern – in unserem Zusammenhang grundlegend – auch übergeschlechtlich (als Androgynum) verwendet: Der Mensch, der Gast, der Flüchtling – die Person, die Persönlichkeit, die Waise – das Kind, das Individuum, das Geschwister – sie alle können männlich oder weiblich sein. So sind insbesondere sämtliche Funktionen, die praktisch von allen Verben abgeleitet werden können und auf -er enden, trotz des maskulinen Genus nicht biologisch männlich, sondern androgyn zu verstehen. Ein Mensch, der liest, ist ein Leser, einer, der singt, ein Sänger und einer, der arbeitet, ein Arbeiter. Die Forderung nach konsequenter Doppelnennung menschlicher Funktionsträger wird gegenstandslos, wenn man die zusätzliche übergeschlechtliche (androgyne) Funktion aller drei Genera erkennt. Wenn somit heute einzelne Frauen argumentieren, sie möchten bei der Erwähnung menschlicher Funktionsträger (Sänger, Bewohner) nicht "bloss mitgemeint" sein, so ist dem entgegenzuhalten, dass im erwähnten Androgynum auch die Männer "bloss mitgemeint" sind.

Für die Nichtübereinstimmung von Genus und Geschlecht ist "das Geschwister" ein besonders anschaulicher Fall: grammatikalisch ein Neutrum, vom Wortstamm her weiblich und in der Bedeutung übergeschlechtlich. Es wäre unsinnig zu fordern, es z. B. in Gesetzestexten im Zuge der Gleichberechtigung zu ersetzen mit "Geschwister und Gebrüder", denn – ob es ihnen passt oder nicht – die Gebrüder sind in den Geschwistern mitenthalten. So ergibt etwa der Satz "Die Ehe zwischen Geschwistern und Gebrüdern (oder auch: zwischen Schwestern und Brüdern) ist untersagt" keinerlei Sinn.

Auf dem erwähnten sprachwissenschaftlichen Fehlschluss beruht ein weiterer Irrtum: nämlich die angebliche Benachteiligung der Frauen durch die Sprache. Vielmehr bevorzugt das Deutsche das weibliche Geschlecht: Das meiste real Männliche unterscheidet sich ja nicht von der übergeschlechtlichen Form. "Der Fussgänger" kann Mann oder Frau sein, und wenn auf sein männliches Geschlecht Gewicht gelegt wird, muss dies zusätzlich ausgedrückt werden. Aber das real Weibliche kennzeichnet die Sprache eindeutig: einerseits mit dem geschlechtsspezifisch gemeinten Wechsel des Artikels (der zu die) und andererseits mit der spezifischen Endung -in.


Die Konsequenzen

Die Folgen der neuen Sprachgebräuche sind schwerwiegend: Durch die gewohnheitsmässige Doppelnennung menschlicher Funktionsträger (Lehrerinnen und Lehrer, AHV-Bezügerinnen und AHV-Bezüger) geht nämlich die übergeschlechtliche Bedeutung des maskulinen Genus allmählich verloren, und dann wird alles Maskuline als real männlich und alles Feminine als real weiblich empfunden. Damit fällt zuerst einmal alles grammatikalisch Neutrale unter den Tisch, und das Kind, das Mädchen, das Weib und das Individuum, aber auch alle Diminutive (das Knäblein, das tapfere Schneiderlein usf.) müssen sich als biologisch geschlechtslose Wesen empfinden. Darüber hinaus – und dies wiegt schwerer – führt diese Umdeutung des Übergeschlechtlichen in biologisch Geschlechtliches zum Verlust des wichtigsten Oberbegriffs der deutschen Sprache, nämlich des allgemeinen, nicht unter geschlechtlichem Aspekt ins Auge gefassten Menschen. Konnte man ehedem von Einwohnern, Wanderern, Bürolisten, Musikliebhabern, Studenten, Fussgängern, Autofahrern, Christen, Experten, Anfängern, Ausländern usf. sprechen, ohne vorentschieden zu haben, ob es sich dabei um Männer oder Frauen handelt, weil dies im jeweiligen Zusammenhang vollkommen unbedeutend war, so tritt mit der heute üblich gewordenen Doppelnennung die Betonung des Verbindenden, des Übergeordneten, der Funktion zurück und macht der Betonung der Geschlechtlichkeit irgend eines Funktionsträgers Platz. Damit wird der Sexismus nicht etwa – wie gewiss in guten Treuen beabsichtigt – aus der Sprache entfernt, sondern erst konsequent in diese eingeführt. Mit der Beseitigung jener sprachlichen Instrumente, die niemals sexistisch gemeint waren und stets der Darstellung des Allgemeinen, Übersexuellen dienten, nimmt man dem Menschen schlicht und einfach jene Oberbegriffe, die er benötigt, um sich korrekt über einen Sachverhalt zu äussern, in dem es nicht um das Nebeneinander oder die Summe von Männlichem und Weiblichem, sondern um das geschlechtlich nicht relevante allgemein Menschliche geht. Wer nun über den Menschen in seinen Funktionen und Rollen – unabhängig vom Geschlecht – zu schreiben hat, steht dadurch vor unnötigen und teils unüberwindbaren Schwierigkeiten: Er muss sich zum Ärger sprachlich empfindsamer Leser dauernd unnötig wiederholen und kann gewisse logisch erkannte Zusammenhänge gar nicht mehr sprachlich angemessen ausdrücken. Das eingangs zitierte Beispiel belegt dies einwandfrei.


Die konkreten Auswirkungen

Die Eliminierung des allgemeinen, d.h. nicht unter geschlechtlichem Gesichtspunkt ins Auge gefassten Menschen aus der deutschen Sprache führt zu schwerwiegenden Folgen in der Sprachpraxis, welche die Urheber der hier kritisierten Sprachreform gewiss weder voraussahen noch beabsichtigten:

Ausgesprochen lästig sind die ermüdenden Wiederholungen: In Lehrplänen kann man heute Dutzende, ja Hunderte von Malen lesen "Die Schülerinnen und Schüler sollen ..." Oder das neue Personalgesetz des Kantons Zug zählt auf rund 180 Zeilen die staatlichen Funktionsträger auf nach der Manier "Dipl. Ingenieurin oder Architektin/Dipl. Ingenieur oder Architekt". Einzig der Polizeifeldweibel (in der Schweiz heisst er wirklich "Weibel" und nicht "Webel", dies zur Orientierung meiner Leser aus Deutschland) bleibt ohne femininen Gegenpart.

Eine gewisse Hilfe scheint dann das alle Probleme verkleisternde Wort 'beziehungsweise' zu sein, das aber - auch als Abkürzung - schwer lesbare Texte erzeugt: So lesen wir beispielsweise in einer Verordnung über das neue Fleischhygienerecht (gemäss einem Skript von Herrn lic.iur. Urs-Peter Müller vom Bundesamt für Veterinärwesen) folgende Bestimmungen:

"1 Der Kantonstierarzt beziehungsweise die Kantonstierärztin oder der beziehungsweise die an seiner beziehungsweise ihrer Stelle eingesetzte Tierarzt beziehungsweise Tierärztin leitet in fachlicher Hinsicht die Tätigkeit der Fleischinspektoren beziehungsweise Fleischinspektorinnen und Fleischkontrolleure beziehungsweise Fleischkontrolleurinnen.

2 Der Kantonstierarzt beziehungsweise die Kantonstierärztin und der leitende Tierarzt beziehungsweise die leitende Tierärztin können auch die Funktion eines Fleischinspektors beziehungsweise einer Fleischinspektorin ausüben, der Kantonstierarzt beziehungsweise die Kantonstierärztin, der leitende Tierarzt beziehungsweise die leitende Tierärztin und der Fleischinspektor beziehungsweise die Fleischinspektorin die eines Fleischkontrolleurs beziehungsweise die einer Fleischkontrolleurin."

Um solchen Ungeheuerlichkeiten aus dem Wege zu gehen, greifen einzelne Schreiber zur Klammer. So ist in einer Dissertation wörtlich zu lesen: "So wird ein(e) Lernende(r) zu einer(m) LernbegleiterIn und umgekehrt." Man lese diesen Satz, der eher einer mathematischen Formel als einem sprachlichen Gebilde gleicht, doch einmal laut! Er missachtet eine elementare sprachliche Forderung: dass Geschriebenes auch gesprochen werden kann.

Sobald Adjektive und abhängige Pronomina verwendet werden, wird die Sprache ausserordentlich umständlich: "Der interessierte Leser bzw. die interessierte Leserin kümmert sich immer auch um die Person des unbekannten Autors bzw. der unbekannten Autorin." – Wie künftig ein Deutschlehrer bzw. eine Deutschlehrerin mit den aufgeworfenen Problemen umgeht und ob dann auch sein/ihr Inspektor bzw. seine/ihre Inspektorin damit einverstanden ist, dass er seinen bzw. sie ihren Schülern und Schülerinnen so etwas beibringt, kann heute wohl noch keiner, der bzw. keine, welche die Abschaffung des nichtgeschlechtlich ins Auge gefassten Menschen betreibt, voraussagen.

Eine weitere Komplikation ergibt sich aus der Möglichkeit, Substantive zusammenzusetzen: Geläufig sind bereits Lehrerinnen- und Lehrerzeitung, Lehrerinnen- und Lehrerfortbildung, und im neuen Aargauer Schulleitbild ist die Rede vom Lehrerinnen- und Lehrerurteil, von den Schülerinnen- und Schülerwahrnehmungen, von den Schülerinnen- und Schülerbedürfnissen und von der Schülerinnen- und Schülerbeurteilung. Logischerweise werden wir künftig wohl bei der Fahrprüfung den Führerinnen- und Führerausweis erwerben und müssen dann aufpassen, niemanden auf einem Fussgängerinnen- und Fussgängerstreifen anzufahren.

Kaum mehr lösbare Probleme ergeben sich bei Koppelung zweier Funktionen: Arbeitervertreter, Lehrerberater, Patientenbetreuer. Der Satz "Ein künftiger Lehrerberater sollte zuvor auch ein bewährter Schülerbetreuer gewesen sein" lautet neu: "Ein künftiger Lehrer- bzw. Lehrerinnenbetreuer bzw. eine künftige Lehrer- bzw. Lehrerinnenbetreuerin sollte zuvor auch ein bewährter Schüler- bzw. Schülerinnenberater bzw. auch eine bewährte Schüler- bzw. Schülerinnenberaterin gewesen sein."

Zu diesen künstlich erzeugten Umständlichkeiten gesellt sich der wohl tiefgreifendste Nachteil sprachfeministischer Ansprüche, nämlich die Unmöglichkeit, gewisse Zusammenhänge logisch korrekt auszudrücken. Der Verlust der beide Geschlechter umfassenden Oberbegriffe verhindert grundsätzlich Aussagen, in denen ein Bezug des einen Geschlechts zum Ganzen, zum geschlechtlich nicht Definierten - mathematisch formuliert: ein Verhältnis einer Teilmenge zur Gesamtmenge - zum Ausdruck gebracht werden soll. In der Feststellung eines Psychiaters, er sei überrascht, "dass der Amokläufer eine Frau war", kann "Amokläufer" weder durch "Amokläuferin" ersetzt werden, obwohl es sich um eine Frau handelte, noch darf der nach feministischem Verständnis männlich zu deutende Ausdruck "Amokläufer" als männlich verstanden werden. Oder: Der Satz "Frauen sind die vernünftigeren Autofahrer" hat keinen Sinn, wenn man – wie in einer Broschüre mit dem vielsagenden Titel ‘Übung macht die Meisterin’ verlangt – "Autofahrerin" schreibt; er ist aber auch sinnlos, wenn "Autofahrer" bloss noch als biologisch männlich gelten soll. Ebenso steht es mit der oft aufgestellten Behauptung: "Frau Dreifuss ist die hundertste Bundesrätin." Schön wär’s, mag da manche denken. Auch können Gruppen oder Vertreter von Gruppen, in welchen beide Geschlechter vertreten sein können, aber nicht müssen, kann kaum mehr logisch korrekt zu einander in Beziehung gesetzt werden. Der simple Satz "Müllers sind Schweizer" lautet nun: "Müllers sind Schweizer und Schweizerin." Und nach den feministischen Gebräuchen müsste man sich selbst dann dieser Formulierung bedienen, wenn man gar nicht weiss, ob es bei Müllers überhaupt eine Frau gibt. Haben sie aber noch eine Tochter, heisst es dann "Müllers sind Schweizer und Schweizerinnen." Völlig am Anschlag ist ein Friedensrichter, der ein streitendes Paar ermahnen sollte: "Als Eheleute seid ihr nicht Gegner, sondern Partner, ja Freunde!" Auch Sätze wie "Auf fünf Schweizer trifft es einen Ausländer" oder "Die Eltern sind die ersten Erzieher der Kinder" sind unter dem Anspruch der neuen Sprachnorm unstatthaft, obwohl sie eigentlich wahr sind.

Hinzu kommt die Ächtung von übergeschlechtlichen, grammatikalisch maskulinen Vokabeln wie etwa man, jeder, jedermann, niemand, jemand, wer. Ein Satz wie "Verletze niemanden in seinen Gefühlen" lautet sprachfeministisch "Verletze keinenmann und keinefrau in seinen bzw. ihren Gefühlen." Steht irgendwo "Jedermann ist eingeladen" folgt prompt die Frage: "Und die Frauen?" Satzgebilde wie "Wer zuviel Energie verbraucht, der oder die sollte zur Kasse gebeten werden" kann man praktisch täglich am Fernsehen oder Radio hören. Einfachste Wahrheiten wie "Liebe deinen Nächsten" werden zu sprachlichen Seifenblasen: "Liebe deinen Nächsten, deine Nächste und dein Nächstes" (denn auch Kinder haben Anspruch auf Nächstenliebe).

Bedenklich ist aber auch die geistige Abkoppelung von allem, was vor 1990 geschrieben wurde. Handle es sich um wissenschaftliche Literatur oder Belletristik – auf Schritt und Tritt wird der Leser durch die Tatsache geärgert, dass von Einwohnern, Gärtnern, Schülern, Philosophen, Christen usf. die Rede ist, und wird denn alle Autoren entweder für naiv oder maskulistisch verdorben betrachten. Es sei dies am Beispiel eines Goethe-Zitates verdeutlicht. Würde sich Goethe dem Sprachsexismus unterzogen haben, lautete der zweite Absatz des 7. Buches von ‘Dichtung und Wahrheit’ wie folgt:

"In ruhigen Zeiten will jeder/jede nach seiner/ihrer Weise leben, der Bürger/die Bürgerin sein/ihr Gewerb, sein/ihr Geschäft treiben und sich nachher vergnügen; so mag auch der Schriftsteller/die Schriftstellerin gern etwas verfassen, seine/ihre Arbeiten bekannt machen und, wo nicht Lohn, doch Lob dafür hoffen, weil er/sie glaubt, etwas Gutes und Nützliches getan zu haben. In dieser Ruhe wird der Bürger/die Bürgerin durch den Satiriker/die Satirikerin, der Autor/die Autorin durch den Kritiker/die Kritikerin und so die friedliche Gesellschaft in eine unangenehme Bewegung gesetzt."

Die hier kritisierte Sprachreform hat aber nicht bloss direkt sichtbare Konsequenzen wie etwa die erwähnten stereotypen Wiederholungen oder die nicht aussprechbaren Kunstformen wie AHV-Bezüger/innen oder A(Ä)rzt(e)Innen. Die eingangs erwähnte und bedauerte Abschaffung des allgemeinen, nicht unter geschlechtlichem Aspekt ins Auge gefassten Menschen zeigt sich – z. B. in pädagogischen Fachzeitschriften – auch noch in einer immer abstrakter werdenden Sprache, und zwar ganz einfach darum, weil natürlich auch die heutigen angepassten Schreiber merken, dass die dauernden Wiederholungen mühsam zu lesen sind, und sie sich dann damit behelfen, menschliche Funktionsträger (Lehrer, Schüler usf.) einfach nicht mehr zu erwähnen. So lässt sich etwa der einfache Satz "Die Lehrer sollten wieder vermehrt mit den Schülern üben" umformen zur Aussage "Aufgabe der Schule ist es, durch gezielte Wiederholungen die Kulturtechniken wieder vermehrt zu festigen." Ganz allgemein sind Lehrer heute Lehrkräfte oder Teil der Lehrerschaft, was übrigens auch nicht ganz sauber ist, denn konsequenterweise müsste es Lehrer- und Lehrerinnenschaft lauten. Oder statt von Studenten und Sängern ist von Studierenden und Singenden die Rede, ohne alles Verständnis dafür, dass dies nicht dasselbe ist. Auf diese Weise bringen es heutzutage einschlägige Zeitschriften fertig, kaum mehr von den Menschen, die eigentlich im Zentrum stehen sollten, zu sprechen: von Schülern, Lehrern, Erziehern, Inspektoren, Psychologen, Therapeuten, Beamten, Schulpflegern usf. Es ist sehr zu bezweifeln, ob dies die Absicht jener Frauen und Männer war, die als erste die deutsche Sprache hinsichtlich der Dominanz des Maskulinen einer Fundamentalkritik unterzogen.

Wie zu vernehmen ist, gibt es heute – vorwiegend in Maturitätsschulen und Universitäten – bereits Deutschlehrer und Professoren, welche von ihren Schülern oder Studenten die Doppelnennungen von Funktionsträgern verlangen. In welch fataler Weise die Ausdruckmöglichkeiten damit beschnitten werden, ist oben aufgezeigt worden. Zu erwähnen bleibt noch, dass damit ganz allgemein ein Berg neuer Probleme auf die Schule zukommt: Als Zugabe zu allem, was die Lehrer bereits zu bewältigen haben, sollen sie nun auch noch das einüben, was aus politischen Motiven in die Sprache eingeführt wurde und heute viele Schreiber bereitwillig befolgen. Dass damit gleichzeitig das Anliegen einer sprach-ästhetischen Erziehung untergraben wird, sei hier bloss am Rande erwähnt.

Bilanz

Angesichts dieses hohen Preises muss es erlaubt sein, Bilanz zu ziehen und Gewinn und Verlust gegeneinander aufzurechnen. Man kann es drehen und wenden, wie man will: Auf der Gewinnseite liegt lediglich die Genugtuung jener Männer und Frauen, denen die Doppelnennung menschlicher Funktionsträger ein Anliegen ist und die es offensichtlich verstanden haben, sich durchzusetzen. Die damit verbundene Komplizierung der Sprache und der Verlust an Sprachästhetik und logischen Ausdrucksmöglichkeiten schafft nicht eine einzige zusätzliche Information, dafür aber einen nicht geringen Ärger bei vielen Schreibern und Lesern. Es ist indessen anzunehmen, dass es eher wenige sind, die diese Verärgerung bewusst wollen und somit das Argument unterstützen würden, das einem Redaktor einer bekannten Berner Zeitung zu Ohren kam: Man wolle die Männer mit der Sprache so lange ärgern, bis sie endlich den Frauen die Gleichberechtigung zugestünden. Diese Absicht verfehlt ihr Ziel schon deshalb, weil sich mit Sicherheit auch sehr viele Frauen über die aufgezeigten Erschwernisse ärgern.

Was ist also zu tun?

Es ist gewiss richtig und angezeigt, z. B. auf Einladungen oder in Anreden beide Geschlechter anzusprechen, da man dann ja offensichtlich konkrete Menschen als Männer und Frauen vor sich sieht. In diesen Fällen sollte man sich denn auch die Mühe nehmen, beide Formen ganz auszuschreiben. Formen wie A(Ä)rztIn, Schulpfleger/in oder Coiffeur/euse sind ja reine Schreibsprache, die nicht gesprochen und hinsichtlich weiterer sprachlicher Strukturen (z. B. Pronomina) gar nicht durchgehalten werden kann.

Darüber hinaus aber sollte man den Mut aufbringen, in der Sackgasse, in die man sich verrannt hat, wieder umzukehren. Die Sprache ist ein geistiger Organismus, in den man nicht derart gewaltsam eingreifen darf, dass wichtigste Ausdrucksmöglichkeiten verloren gehen und Umständlichkeit die Klarheit verdrängt. Es ist daher zu wünschen, dass alle feinfühligen Menschen ihren Sinn für sprachliche Ästhetik und auch für das natürlich Gewachsene beim Schreiben bewahren, auch wenn die derzeit gängige Ideologie anderes verlangt. Sprache darf nicht zur unaussprechbaren Schreibe verkommen. Wer immer durch sein politisches Amt oder seine berufliche Tätigkeit Einfluss auf die Entwicklung der deutschen Sprache haben oder nehmen kann, möge den Mut zur Umkehr aufbringen.


Adresse des Verfassers:

Dr. Arthur Brühlmeier
CH - 5452 Oberrohrdorf (Kanton Aargau, Schweiz)
arthur@bruehlmeier.info
www.bruehlmeier.info

http://www.bruehlmeier.info/sprachfeminismus.htm
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gotti
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Re: gendern bei eLearnings

Beitrag von gotti »

Für den Lesefluss ist es sicher angenehmer, wenn man auf die geschlechtsspezifische Differenzierung verzichtet. Allerdings bin ich in einer Situation, wo es eine Bedingung ist, dass die von meinem Team erstellten und zugekauften eLearnings durchgängig gegendert daherkommen. Da genügt auch eine Anmerkung, wie du sie verwendest, nicht. Zuerst habe ich mich über diese Entscheidung geärgert. Mittlerweile sehe ich es als Ansporn, moderne eLearnings auch in zeitgemäßer Sprache bereitzustellen.

Den aus dem Internet zitierten Text muss ich kritisch betrachten. Hier wird nur auf Frauen und Männer eingegangen, was wohl auch am Entstehungsjahr (2010) liegt. Heute sind wir viel weiter. Sogar die Nachrichtensprecher:innen machen bewusste Pausen um das Sterndal, den Doppelpunkt oder das Stricherl bewusst zu machen.

Kurz: Mittlerweile find ich's gut :)
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Mr. E-Learning
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Re: gendern bei eLearnings

Beitrag von Mr. E-Learning »

Ja, hast recht Gotti. Ich schau halt immer, dass ich Formulierungen verwende, wo ich nicht gendern muss. Man könnte auch sagen, ich mogle mich an dem Thema vorbei. Im Lernen soll es um das Thema gehen, das Gendern mit allen Facetten lenkt da meiner Meinung nach ab. Wenn es bei machen nicht sogar Widerstand erzeugt...
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gotti
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Re: gendern bei eLearnings

Beitrag von gotti »

Da bin ich voll bei dir! Natürlich kann es auch zu Irritation oder Ablenkung führen, was dem Lernen nicht zuträglich ist. Manchmal muss man auch gar nicht sprachlich gendern.
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Michael
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Re: gendern bei eLearnings

Beitrag von Michael »

Gendern ist völliger Schachsinn! Es macht den zu lesenden Text unnötig schwerer, schadet den Frauen nur und fördert die Diskriminierung sogar.

Denn anstatt dass wir uns vor 40 Jahren dafür eingesetzt hätten, dass eine Berufsbezeichnung eben den BERUF und nicht die Person meint (so wie das z.B. im Englischen üblich ist) kam irgendeine Frau auf die absurde Idee, bei nahezu JEDEM Hauptwort ihr Geschlecht in den Vordergrund zu rücken. Mittlerweile wissen wir, dass es ja mindestens 3 Geschlechter gibt. Das die jetzt noch mehr diskriminiert werden, interessiert keinen. Und inzwischen melden sich auch schon Transvestiten zu Wort und finden es dikriminierend, dass sie nicht auch extra erwähnt werden. Recht so - machen wir demnächst auch.

Aber auch das ist noch nicht konsequent. Denn wenn wir ehrlich sind, denken wir bei Berufsbezeichnungen wie „Boss“ ja nicht nur an einen Mann, sondern an einen WEISSEN Mann. Also fröhlich weiter. Konsequenterweise müssen wir also in jedem Satz alle Geschlechter UND alle Hautfarben aufzählen.

Doch selbst das ist noch diskriminierend, denn der weiße Mann, an den wir bei „Boss“ denken, ist eigentlich ja auch Christ. Wahnsinn! Also bitte alle Geschlechter, alle Hautfarben UND alle Religionen. Und zwar in JEDEM Satz. Dann versteht zwar keiner mehr, was wir sagen wollen, aber damit sprechen wir dann wirklich alle an.

Die Gleichheit der Geschlechter ist eine große Lüge, die man versucht, uns seit Jahren reinzudrücken. Jeder, der schon mal einen Mann und eine Frau gesehen hat, WEIß, dass sie so verschieden sind, wie nur irgend möglich.

👉 Bei jeder Person erkennt man bereits von der Weite, ob es ein Mann oder eine Frau ist.
👉 Scroll doch mal deine Kontaktliste bei LinkedIn oder Facebook durch. Ich wette, dass du bei jedem Profilbild sofort weißt, ob es ein Mann oder eine Frau ist.
👉 Frauen kleiden sich anders als Männer.
👉 Frauen denken anders als Männer.
👉 Bei den olympischen Spielen hat sich noch nie eine Frau gewünscht, gegen Männer anzutreten.
👉 Und Frauen haben auch völlig andere Stärken als Männer.

Unser Problem ist, dass die weiblichen Stärken in unserer Kultur nicht als den männlich gleichWERTIG angesehen werden.
Das erreichen wir aber bestimmt nicht, indem wir uns verhalten, als gäbe es sie nicht, alles gendern und so tun, als würde alles gleichermaßen für Männer und Frauen gelten. Das ist HUMBUG, der den Frauen im Endeffekt nur schadet, weil ihre Stärken damit erst recht ignoriert werden.

Viel wichtiger wäre es, endlich aufzuzeigen, DASS Frauen eben GANZ ANDERS als Männer sind und dass deren Stärken eine wundervolle - ja notwendige - Ergänzung zu den männlichen Stärken sind. Diese Stärken gehören gewertschätzt und genutzt, anstatt sie hinter Genderfloskeln zu verstecken.
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gotti
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Re: gendern bei eLearnings

Beitrag von gotti »

Eine Meinung ist eine Meinung. Einen Punkt muss ich hier allerdings korrigieren: Bei den olympischen Spielen treten immer wieder Frauen gegen Männer an. 1992 hat die Chinesin Shan Zhang zB in einem gemischten Schieß-Bewerb Gold gewonnen.
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Michael
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Re: gendern bei eLearnings

Beitrag von Michael »

Echt jetzt? Das beste Beispiel dass dir einfällt um mich vom Gegenteil zu überzeugen, ist 30 Jahre alt und aus China?
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gotti
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Re: gendern bei eLearnings

Beitrag von gotti »

Ich will dich von nichts überzeugen. Ich habe nur ein Beispiel genannt um eine deiner Aussagen zu hinterfragen.
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Michael
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Re: gendern bei eLearnings

Beitrag von Michael »

"Ein exzellenter Leserbrief in der FAZ zum Thema "gendern". Endlich mal mit Hirn & Kompetenz argumentiert ...
Sehr lesenswert!"

"In der deutschen Sprache gibt es ein natürliches Geschlecht (Sexus) und ein grammatisches Geschlecht (Genus). Beides wird von feministischen Linguistinnen gerne verwechselt, um nicht zu sagen: wild durcheinandergeworfen. Dabei können auch sprachwissenschaftliche Laien, wenn ihr Blick nicht ideologisch getrübt ist, den Unterschied leicht erkennen.

Erstens nämlich gibt es drei Genusformen (maskulin, feminin, neutrum), aber nur zwei biologische Geschlechter (männlich und weiblich). Zweitens wird das Genus auch für Objekte ohne jede erkennbare Parallele zum natürlichen Geschlecht verwendet: der Herd, die Straße oder das Buch. Auch dass der Busen maskulin, die Eichel feminin und das Glied neutrum sind, beruht ganz offensichtlich nicht auf irgendwelchen biologischen Hintergründen.

Ähnlich verhält es sich z. B. mit der Leser oder der Kunde. Während der Genus übergeschlechtlich verwendet wird (der Gast, der Mensch, die Person, die Waise, das Kind, das Individuum), stellt der Sexus eine weitere Aufsplitterung in männlich und weiblich dar.

Wir haben es hier mit etwas zu tun, was man in der Sprachwissenschaft "Synonymie" nennt. Synonyme sind gleichlautende Wörter, die aber unterschiedliche Dinge meinen. Ein "Flügel" kann beispielsweise der Teil eines Vogels sein, der Teil einer Fußballmannschaft oder ein Klavier. Manchmal sind diese Synonyme nicht so leicht auseinanderzuhalten, und da kommt es dann zu Missverständnissen wie in der feministischen Sprachwissenschaft. "Kunden" kann nämlich ebenfalls zweierlei bedeuten: "Menschen, die einkaufen" ebenso wie "Männer, die einkaufen". Indem Sprachkritiker*innen behaupten, mit "Kunden" seien nur Männer gemeint, erzeugen sie den Eindruck, Frauen würden sprachlich unterdrückt. Sie richten sich nicht danach, was Menschen meinen, wenn sie etwas sagen, sondern danach, was sie ihnen unterstellen, was sie meinen: "Sie reden ja nur von den Männern! Uns Frauen lassen Sie mal wieder unter den Tisch fallen!"
Aber das ist ebenso nervtötend wie falsch.

Auch sorgt der Artikel im Singular mit dem grammatischen Geschlecht für den Unterschied zwischen der (frohen) Kunde und dem Kunden sowie der Leiter und dem Leiter...

Aus eben den soeben erklärten Gründen sind 99 Lehrerinnen und ein Lehrer zusammen hundert Lehrer: Es wird nämlich der grammatikalische Oberbegriff verwendet, sobald eine auch nur irgendwie gemischte Gruppe besteht. Ohne einen solchen Oberbegriff, der für beide Geschlechter gilt, würden sich bestimmte Sachverhalte auch überhaupt nicht formulieren lassen (etwa "Jeder dritte Unternehmer in Österreich ist eine Frau." oder "Wir kennen nicht mal das Geschlecht des Verdächtigen.") Ein "Tag" mit seinen 24 Stunden besteht aus Tag und Nacht, genauso wie "der Kunde" männlich oder weiblich sein kann - unabhängig von seinem grammatischen Geschlecht. Ähnlich verhält es sich mit "die Katze": Die weibliche Form steht als Oberbegriff sowohl für das weibliche Tier als auch für das männliche, das wir, wenn wir es genauer spezifizieren möchten, als "der Kater" bezeichnen (so wie "der Kunde", wenn weiblich, zu "die Kundin" wird). Zu behaupten mit "der Kunde" seien nur Männer gemeint, allein weil "der" davorsteht, ist grammatisch ungefähr so durchdacht wie es die Argumentation ist, mit "die Kunden" seien offenbar nur Frauen gemeint, weil "die" davorsteht. In Wahrheit drückt natürlich keiner der beiden Artikel den Sexus aus: "die" bezieht sich auf die Pluralform, "der" auf den Genus. Erst durch die konsequente Doppelbenennung in der feministischen Sprache "die Kunden und Kundinnen" wird der Sexismus in die Sprache eingeführt, wo er vorher durch den geschlechtsunabhängigen Oberbegriff nicht vorhanden war.
Im Übrigen bin ich öfter mal "die Vertretung" für einen Kollegen. Ist kein Problem für mich.

Aber ich kenne auch den Unterschied zwischen Genus und Sexus. Und ehrlich gesagt, möchte ich nicht so gerne ein Vertreter, ein Klinkenputzer sein... Aber ein Mann, der allen Frauen mit Respekt auf Augenhöhe gerne begegnet und hofft, dass alsbald keine Lohn-/Gehaltsdifferenz zwischen den Geschlechtern mehr besteht. Denn nur damit unterstützen wir die Emanzipation – nicht aber mit umständlichem Gender-Sprich-und-Schreib-Stil.“"
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Re: gendern bei eLearnings

Beitrag von gotti »

Beim Gendern in der Sprache geht es auch darum, welche Bilder entstehen. Schreibe ich: "Österreichs Tischler stehen für Qualität in der Holzbearbeitung", hat man als Leser*in automatisch Männer im Kopf. Wobei ein "Österreichs Tischler*innen stehen für Qualität in der Holzverarbeitung" eine breitere Streuung der Bilder im Kopf zulässt. Darum geht es doch: Um Diversität!
Auch wenn im zitierten Leserbrief aus der FAZ von zwei biologischen Geschlechtern geschrieben wird, gibt es heute viele Menschen, die sich nicht als klassisch weiblich oder männlich sehen. Auch sie sollen sich angesprochen fühlen, auch dafür stehen Doppelpunkt, Sternchen und Co.
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Michael
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Re: gendern bei eLearnings

Beitrag von Michael »

Naja - aber damit geht die eigentliche Diskriminierung ja erst wirklich los. Denn nun werden Männer als "Tischler" und Frauen als "Tischlerinnen" angesprochen und alle anderen nur noch unter dem : zusammengefasst. Das ist dann doch erst recht diskriminierend für die. Und damit sind wir ja wieder genau da, wo wir vor 40 Jahren waren, als mit "Tischler" einfach alle gemeint waren. Wir haben damit bloß die Grenze der Diskriminierung verschoben und dafür unsere Sprache unverständlich gemacht.

Doch damit nicht genug. Denken wir den Gedanken der Notwendigkeit zur Einzelaufzählung wegen unserer Bilder im Kopf doch mal konsequent weiter. Denn wenn wir ehrlich sind, denken wir bei „Tischler“ ja nicht nur an einen Mann, sondern - im deutschsprachigen Raum - natürlich an einen WEISSEN Mann. Oder hattest du bei dem Wort "Tischler" echt das Bild eines schwarzen, gelben oder roten Mannes im Kopf? Also fröhlich weiter. Konsequenterweise müssen wir dann also in jedem Satz nicht nur alle Geschlechter sondern auch alle Hautfarben aufzählen, um niemanden zu diskriminieren. Mischfarben bitte nicht vergessen, sonst diskriminieren wir die ja auch wieder.

Doch selbst das ist noch diskriminierend, denn der weiße Mann, an den wir bei „Tischler“ denken, ist eigentlich ja auch Christ. Wahnsinn! Also bitte alle Geschlechter, alle Hautfarben UND alle Religionen. Und zwar in JEDEM Satz. Dann brauchen wir zwar für jeden einzelnen Satz in Zukunft eine ganze Seite und keiner wird mehr irgendwas verstehen, aber damit sprechen wir dann wirklich alle an.

--> Die Diskriminierung beginnt überhaupt erst mit der böswilligen Unterstellung "Tischler" würde nur Männer meinen. "Tischler" ist eine Berufsbezeichnung. Sie beschreibt die Qualifikation und die Tätigkeit - so wie "Hebamme" Dabei ist es für den Beruf völlig irrelevant, ob das ein Mann oder eine Frau macht. Wenn es wichtig ist, sagt man einfach "der Hebamme" oder "die Hebamme". Aber "Hebamme" ist nur der BERUF und damit völlig geschlechtsneutral. Noch niemand ist auf die Idee gekommen, diesen Beruf zu gendern.

Wir HATTEN vor 40 Jahren bereits eine genderneutrale Sprache. Da gab es einen "Herr Professor" und eine "Frau Professor" und mit "Professoren" waren alle gemeint. Genauso bei "Doktor", "Direktor", "Magister", "Minister", "Präsident", "Kaufmann", "Bäcker", "Schaffner", "Polizist", "Busfahrer", ... Das WAR alles genderneutral, weil es den Beruf bezeichnete und nicht das Geschlecht. Bis irgendeine Frau auf die schwachsinnige Idee kam, bei jedem Hauptwort aufzuzeigen, das das Menschen mit Penis UND mit Vagina machen können.

In anderen Ländern wurde in den letzten 40 Jahren eifrig daran gearbeitet, dass eine Berufsbezeichnung einfach den Beruf bezeichnet, damit per se geschlechtsneutral ist und daher wohl von allen ausgeführt werden kann. Im Englischen gibt es bloß "doctor", "teacher", "minister", ... Niemand kam auf die Idee, die Berufsbezeichnungen zu "doctr:ess", "teachr:ess", "ministr:ess", zu verhunzen und DENNOCH hatten wir in England bis vor Kurzem eine Premier-Ministerin und haben in den USA gerade eine Vice-Präsidentin. Ganz ohne Sprachverhunzung.
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